„Muss die Fühler ausstrecken, wo der Schuh drückt“
Der Frastanzer Bürgermeister Walter Gohm über die aktuellen Entwicklungen in der Marktgemeinde.
Verschiedene Bautätigkeiten gehören zum Bild jeder Gemeinde. Auch in Frastanz rollen die Bagger und ragen die Kräne empor. Welche Projekte werden derzeit realisiert?
Walter Gohm: Es gibt momentan sehr viele Projekte, an denen wir dran sind. Das gehört zu den Aufgaben einer Gemeinde dazu. Aber ich möchte zunächst jene Projekte in den Mittelpunkt stellen, die bereits realisiert wurden. Durch die neue Samina-Brücke, die fuß- und radläufig überquert werden kann, wurde eine wichtige und sichere Verbindung und ein attraktiver Weg ins Zentrum geschaffen. Ein weiteres großes Projekt, das wir zum Abschluss gebracht haben, ist die Erweiterung der Sport und Freizeitanlage Untere Au. Es ist uns dabei gelungen, die Kunstrasenplätze zu entsiegeln und eine 4000 Quadratmeter große Fläche dem Auwald zurückzuführen. Im Gegenzug haben wir mit den Rasenplätzen für den Sport eine nicht versiegelte Fläche konzipiert. Wenn der Verein für das Training Kunstrasenplätze braucht, besteht die Möglichkeit, in andere Gemeinden auszuweichen. Zudem wurde auch die Infrastruktur verbessert sowie die Parkmöglichkeiten ausgeweitet. Dabei wurde auch eine Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität und zusätzliche Radabstellplätze geschaffen.
Nun zu den laufenden Vor-haben. Der Bau des neuen Bildungszentrums Fellengatter soll im kommenden Sommer gestartet werden. Wie ist der momentane Stand der Dinge?
Wir sind guten Mutes, dass wir die von der Gemeindevertretung bestimmte Kostenvorgabe von 13,5 Mio. € Baukosten erreichen werden. Nach der Überarbeitung des Projektes liegt die Bandbreite derzeit bei +/- 10 Prozent des vorgegebenen Rahmens. Alle diesbezüglichen relevanten Entscheidungen erfolgten unter Einbindung der Pädagogen und Pädagoginnen. Unser Anspruch ist es, dass die Gebäude den Anforderungen der Nutzer bestmöglich entsprechen. Es wäre falsch, bei Projekten nur auf die Optik zu schauen. Ich bin aber überzeugt, dass uns beim Bildungszentrum Fellengatter – wie schon beim Bildungszentrum Hofen – beides gelingen kann.
Welche weiteren größeren Projekte stehen in naher Zukunft noch an?
Im Zuge der Erweiterung des Gemeindeparks im Zentrum haben die ersten Aufschüttungen am ehemaligen Flötzplatz begonnen. Geplant sind hier entlang der Samina Sitzstufen zu integrieren, um einen attraktiven Naherholungsplatz zu schaffen. Das jüngere Publikum darf sich über einen Outdoor-Funspace freuen, der mit Bewegungsgeräten ausgestattet wird und auch die Möglichkeit zum Skateboarden bietet. Gestartet ist auch die Sanierung des Naturbades in der Unteren Au, die in zwei Etappen erfolgt. An diesem Gemeinschaftsprojekt beteiligen sich alle 14 Regio-Walgau-Gemeinden. Die Kosten dafür betragen rund 2,5 Millionen Euro. Als Erstes wird der Umkleidebereich saniert. Das Gebäude ist mittlerweile 35 Jahre alt und damit nicht mehr zeitgemäß. Die komplette Technik wird modernisiert und die Ölheizung wird durch eine Luftwärmepumpe ersetzt. Zudem wird das Gebäude mit einer PV-Anlage ausgestattet, die den benötigten Strom erzeugt. Mit der Neukonzeption der Gastronomie erfolgt dann der zweite Ausbauschritt im Herbst 2024. Ziel ist es, sie auf ein neues Level zu bringen. Damit erfüllen wir auch ein Herzensanliegen der vielen Schwimmbadbesucher. Es handelt sich dabei um eine Sanierung und nicht um einen Neubau. Die Umsetzung erfolgt federführend durch Geschäftsführer Markus Burtscher nach den Plänen von Architekt Hermann Gort. Die Bauleitung und die Ausschreibungen werden durch Bertram Schmid vom Bauamt der Gemeinde durchgeführt.
Da bewegt sich ja tatsächlich sehr viel in der Marktgemeinde. Sicher gibt es noch weitere Wünsche und Anliegen. Gibt es da schon einen kurzen Blick weiter voraus?
Ein Zukunftsprojekt ist die Errichtung einer Grünschnittverarbeitung in der Galätscha, wo eine ökologisch sinnvolle Kreislaufwirtschaft entstehen soll. Ziel ist es, den Grünschnitt aus der Region zu kompostieren und zu einer biologisch sehr hochwertigen Erde zu verarbeiten. Auch die Erweiterung der Urnenanlage am Friedhof steht mittelfristig an. Nicht vergessen darf man aber, dass bei den vielen großen Projekten, die wir am Laufen haben, auch die vielen kleinen nicht weniger wichtig sind. Man muss auch bei scheinbar kleinen Dingen ganz genau hinschauen – zum Beispiel Fußwegverbindungen überprüfen, Gehsteigkanten absetzen, Straßenbeleuchtung erweitern etc. Gerade solche viele kleinen Projekte machen eine Gemeinde lebenswert. Da geht es auch in Richtung soziale Nahversorgung – ein enorm vielfältiger Bereich. Man muss immer die Fühler ausstrecken und die nötige Sensibilität haben, wo denn der Schuh drückt, wohlwissend, dass nicht alle Projekte gleich umgesetzt werden können.
Das geplante Reststoffkraftwerk beim Rondo-Areal sorgt für Diskussionen in der Bevölkerung. Wie steht die Gemeinde dazu?
Raus aus Öl und Gas betrifft nicht nur private Haushalte, sondern auch die Industrie. Das ein Unternehmen, welches einen sehr energieintensiven Produktionsprozess hat, die Energieversorgung selbst in die Hand nimmt und somit den Standort und Arbeitsplätze langfristig sichert, betrachte ich als legitim. Es ist verständlich, dass so ein Projekt Gegner und Befürworter hat. Und die Einwände sind ernst zu nehmen und auch entsprechend zu prüfen. Die Sachverständigen werden das Projekt umfangreich auf mögliche Auswirkungen untersuchen. Bei allem Verständnis für die vorgetragenen Bedenken sind aber auch die sich bietenden Möglichkeiten zum Erreichen der Energieautonomie zu sehen.
Was können Gemeinden tun, um den Zusammenhalt zu stärken?
Das Zusammenleben ist für das Gemeinwohl enorm wichtig. Orte der Begegnung und Kommunikation schaffen, sind Aufgaben, die eine Gemeinde unbedingt wahrnehmen muss, um das gute Miteinander zu fördern. Auch die Unterstützung der Vereine und das ehrenamtliche Engagement spielen dabei eine große Rolle. Wir haben das Glück, dass wir rund 70 Vereine in Frastanz haben, die durch ehrenamtliche Strukturen geführt werden. Das hat einen enormen Stellenwert für unseren Lebensraum. Um dies aufrechtzuerhalten braucht es auch monetäre Zuwendungen, vor allem, wenn Vereine in der Nachwuchsarbeit sehr aktiv sind. Natürlich ist es nicht möglich, alle Wünsche und Anforderungen immer gleich umzusetzen, es werden auch nicht immer alle zu jeder Entscheidung zu hundert Prozent stehen.
Orte leben auch von aktiven Zentren. Hier hat sich in Frastanz ja sehr viel getan.
Ich denke wir haben sehr wichtige Weichenstellungen getätigt und uns auch Flächen im Zentrum gesichert. Jüngstes Beispiel ist der Grundankauf beim Gasthof Kreuz und mehrere Flächen aus einer Verlassenschaft. Eine Gemeinde muss aktives Flächenmanagement betreiben, um nächste Entwicklungsschritte machen zu können. Es gibt auch bereits einen Grundsatzbeschluss, für das betreute Wohnen für Seniorinnen und Senioren im Zentrum von Frastanz. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung wird dies in Zukunft immer wichtiger. Dazu sind wir derzeit in intensiver Abstimmung mit einem gemeinnützigen Wohnbauträger. Der Sozialausschuss unter der Leitung von Vbgm. Michaela Gort befasst sich intensiv damit, wie das Betreuungskonzept in der Praxis funktionieren kann. Es soll für die Seniorinnen und Senioren eine gute Alternative sein, ein Angebot in Anspruch nehmen zu können, wenn Unterstützung benötigt wird.
Die Gesellschaft zeigt sich leider in vielen Themen gespalten. Wie kann man da als Gemeinde entgegentreten?
Aufgrund der Vorkommnisse der letzten Jahre sind sicher gewisse Gräben entstanden, aus welchen Gründen auch immer. Ich denke, dass es auch wieder Zeit ist, nach vorne zu schauen, wo die Aufgabenstellungen sind, was in Zukunft auf uns zukommt. Es ist richtig aus der Vergangenheit Lehren zu ziehen, der Blick sollte dabei aber nach vorne gerichtet sein. Wenn ich rein die politische Arbeit betrachte, muss ich den anderen Fraktionen auch ein Lob aussprechen. Wir pflegen eine gute Zusammenarbeit, bei den wichtigen Themen wird an einem Strang gezogen. Da geht es nicht um Partei – sondern um Sachpolitik. Daher haben wir bei den großen Themen auch einstimmige Beschlüsse in den Gemeindegremien. Die Aufgaben, die wir zu bewältigen haben, sind in den unterschiedlichsten Bereichen riesengroß. Auch finanzielle Entwicklungen treffen die Gemeinden sehr stark. Wir haben die Verantwortung, investieren zu müssen, wissen aber auch, dass Grenzen in der Umsetzung und Möglichkeit der Finanzierung bestehen. Wenn ich in den Bereich Pflege schaue, – egal ob zu Hause oder stationär – stellt uns das alle vor große Herausforderungen. Wir sind in vielen Bereichen der medizinischen Strukturen sehr gut aufgestellt, haben eine sehr gute ambulante Versorgung, aber speziell in der Langzeitpflege wird die Situation nicht einfacher. Auch wir haben kalte Betten im Sozial-zentrum. Da arbeiten wir sehr daran, dass wir diese Situation zu korrigieren bekommen. Unser Ziel muss es sein, dass alle Frastanzer und Frastanzerinnen in den unterschiedlichsten Lebensphasen bestmögliche Unterstützung bekommen. Da gibt es sehr viele Betätigungs- und Handlungsfelder und es gilt an vielen Stellschrauben zu drehen. Es ist wie ein großer Sack an Handlungsfeldern, die ein ständiges Nachjustieren und Anpassen erfordern.
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