"Soko Leipzig"-Stars erklären ihr Erfolgsrezept: "Geschichten, die zum Teil hart am Abgrund segeln"
Seit Anfang September läuft im ZDF jeden Freitag um 21.15 Uhr die nunmehr 24. Staffel von „Soko Leipzig“. Unsere Redaktion hat das Ermittlerteam um Marco Girnth (spielt Jan Maybach), Melanie Marschke (Ina Zimmermann), Johannes Hendrik Langer (Moritz Brenner) und Amy Mußul (Kim Nowak) zum Viererinterview gebeten. Nach einem langen Drehtag gewährte das Quartett Einblicke vom Set und erklärte das Erfolgsrezept der Krimi-Serie.
Wie liefen die Dreharbeiten heute? Unser Interviewtermin wurde etwas nach hinten verschoben. Wer war schuld und hat den Text vergessen: Amy, Melanie, Johannes oder Marco?
Melanie Marschke: Der Marco natürlich (lacht).
Marco Girnth: Zumindest ist Johannes bei mir aus dem Schneider. Er hatte heute am wenigsten Text. Daher trifft ihn wirklich keine Schuld. Wenn, dann lag es tatsächlich an mir und Melanie, oder?
Marschke: Was? Wieso denn das? Wir hatten einfach einen sehr langen Tag auf unserem Revier. Das sind in der Regel unberechenbare Drehtage. Heute waren wir ein sehr großes Ensemble und das bedeutet: viele Menschen, viel Text, viele Einstellungen und viele Bilder. Da kann es schon mal vorkommen, dass sich zeitlich alles ein bisschen nach hinten verschiebt.
Was macht ihr nach einem Drehtag, wenn keine Interviews geplant sind: Geht jeder seines Weges oder lasst ihr den Tag bei einem gemeinsamen Abendessen ausklingen?
Johannes Hendrik Langer: Das ist ganz unterschiedlich. Es kommt auch ein bisschen darauf an, ob Sommer oder Winter ist. Der Sommer verleitet einen eher dazu, nach einem Drehtag noch länger zusammenzusitzen und auch über private Dinge zu quatschen.
Marschke: Und im Winter machen wir das gar nicht, oder wie? Also, ich denke schon, dass wir grundsätzlich recht viel aufeinanderhocken und uns alle wirklich gut riechen können.
Girnth: Wir hatten gerade eine längere Sommerpause und uns fünf, sechs Wochen lang gar nicht gesehen. Wenn es dann wieder losgeht, wird deutlich, wie groß der Entzug gewesen ist. Wir verbeißen uns förmlich ineinander und haben uns auch Stunden oder Tage später immer noch jede Menge Zeugs zu erzählen. Dem kann aber nicht immer jeder folgen (lacht). Ich sage es mal so: Wir schaffen es nicht immer, abends wegzugehen, aber wir würden gerne …
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Anhaltender Erfolg der „Soko Leipzig“ – Was ist das Geheimnis?
Das Team ist zur neuen Staffel zusammengeblieben. Sind die Geschichten von „Soko Leipzig“ einfach zu gut oder ist das Team einfach zu nett, um wieder auszusteigen?
Langer: Das Arbeiten miteinander ist ein sehr besonderes und angenehmes. Das findet man tatsächlich sehr selten. Wenn man dann auch noch privat gerne Zeit miteinander verbringt, dann ist die Arbeit fast schon zu schön, um sie auszuhalten. Dann fällt es einem grundsätzlich schon schwer, dieses Team zu verlassen – auch, weil man vielleicht Angst hat, so etwas nicht mehr wiederzufinden.
Marco, Sie sind seit 2001 – also von Beginn an – mit dabei. Woran machen Sie den anhaltenden Erfolg von „Soko Leipzig“ fest?
Girnth: Krimi ist per se ein Erfolgsrezept, das hilft schon mal. Vor allem bin ich aber davon überzeugt, dass sich die Stimmung unter uns vieren auf die Zuschauer überträgt. Die Menschen haben das Gefühl, mit uns durch dick und dünn gehen zu können. Das wäre vermutlich nicht der Fall, wenn wir uns im realen Leben nicht so gut verstehen würden. Diese Geschlossenheit ist ein Pluspunkt. Zudem haben wir das Glück, dass uns die Redaktion eine lange Leine gibt. So können wir Geschichten erzählen, die zum Teil hart am Abgrund segeln. Wir gehen also auch mal in härtere Milieus – mit Top-Kameraleuten an unserer Seite, die die Szenen perfekt einfangen. Hinzu kommt der super dankbare Sendeplatz am Freitag um 21.15 Uhr. Das alles führt dazu, dass wir bereits seit fast einem Vierteljahrhundert auf Sendung sind.
Auch Melanie gehört seit Staffel eins zum Cast. Haben Sie neben dem Team auch die Stadt Leipzig kennen und lieben gelernt?
Marschke: Wir waren nach der „Soko 5113“ aus München die zweite „Soko“, die etabliert wurde. Es war Teil des Konzeptes, unsere Geschichten in einer ostdeutschen Großstadt zu erzählen. Wir sind mit und in dieser Stadt, die sich in den vergangenen 20 Jahren extrem verändert hat, gewachsen. Natürlich ist Leipzig für uns ein Stück Heimat geworden. Ich glaube, dass unsere Serie das Bild von Leipzig und vielleicht auch von Ostdeutschland bundesweit ein Stück weit geprägt hat.
Sind die Leipziger auch ein bisschen stolz auf euch? Spürt ihr das anhand der Resonanzen?
Marschke: Die Menschen auf der Straße freuen sich immer, wenn sie uns irgendwo entdecken. Sie sind uns gegenüber sehr positiv und zugewandt. Was die Stadt Leipzig von uns hält, weiß ich nicht genau. Von dieser Seite aus kommt eigentlich relativ wenig Feedback. Also man hat zumindest nicht das Gefühl, dass die Stadt Leipzig und die „Soko Leipzig“ eine Einheit sind.
Mußul: Für uns Darsteller ist das vielleicht gar nicht so schlecht, denn je mehr die Stadt auf unsere Serie hinweisen würde, desto mehr Set-Touristen hätten wir vermutlich.
Girnth: Vergleichen wir es doch mal mit anderen Städten: Die Berliner sind teilweise genervt, wenn wieder mal ein neues Filmset errichtet und drumherum alles abgesperrt wird. Hier in Leipzig nimmt man es grundsätzlich gerne wahr, wenn die Stadt präsentiert wird.
Langer: Außer, wir schleppen wieder Autos ab. In solchen Fällen teilt sich die Bevölkerung dann in zwei Lager. Die einen sagen: „Wie schön, meine Straße kommt ins Fernsehen.“ Und die anderen beschweren sich: „Moment mal, eben stand da doch noch mein Auto.“
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Ist das klassische Fernsehen vom Aussterben bedroht?
Die „Tatort“-Darstellerin ChrisTine Urspruch hat im Interview mit unserer Redaktion gesagt, dass viele davon ausgehen, sie würde in Münster leben. Da wird Fiktives und Reales also vermischt. Kennt ihr das auch?
Marschke: In der Form nicht unbedingt, aber Sprüche wie „Ich hab‘ nichts gemacht“ oder „Sind Sie heute undercover hier?“ habe ich auch schon ein paar Mal gehört. Also kleine Witze, die sich darauf beziehen, dass wir in der Serie als Kommissare in Erscheinung treten.
Langer: Mein Lieblingsspruch ist: „Da fühle ich mich aber sicher, wenn Sie hier sind.“
Marschke: Das sind ja alles schöne Komplimente, mit denen uns die Menschen sagen wollen, dass wir unseren Job nicht so schlecht machen.
Wertet ihr es in Zeiten von Realityshows, Streaming-Portalen und sozialen Medien als ein gutes Zeichen, dass ihr überhaupt noch erkannt werdet? Ist das lineare Fernsehen vom Aussterben bedroht?
Langer: Das glaube ich nicht. Bei den Streaming-Anbietern sieht man, dass die Blase, die Netflix vor ein paar Jahren aufgemacht hat, gerade platzt. Das Geschäft ist extrem rückläufig. So geht es allen Streamern, ob Disney, Paramount oder Sky. Alles wird heruntergefahren, überall werden die Gebühren erhöht. Das Überangebot dieses grandiosen Contents führt dazu, dass man irgendwann gar nicht mehr weiß, was man sich aussuchen soll. Daher bin ich davon überzeugt, dass man auch einfach mal dankbar ist, wenn man den Fernseher anmachen kann und da das läuft, was da immer läuft. Das klassische Live-Fernsehen ist so schnell nicht totzukriegen, wie einige das gerne totgeredet hätten.
Marschke: Ich sehe eher eine Gefahr in diesem Sparzwang. Es soll alles toll sein und mit den Streamern mithalten können, aber im besten Fall nichts kosten. Ab einem gewissen Punkt leidet darunter aber die Qualität. Es muss schon in die Kreativität und die Entwicklung von neuen, spannenden Formaten investiert werden. Und etablierte Formate müssen gut subventioniert und eben nicht abgewirtschaftet werden. Es ist wichtig, am Puls der Zeit zu bleiben, damit die Zuschauer dran bleiben.
Girnth: Ja, es ist die Hauptaufgabe, relevant zu bleiben. Dennoch glaube ich, dass sowohl die Öffentlich-rechtlichen als auch die Privaten ihren Content in Zukunft verstärkt in ihre Mediatheken knallen werden. Insofern könnten Mediatheken in der Zukunft schon ähnlich relevant werden wie das lineare Fernsehen – oder sogar noch relevanter. Die Leute haben einfach Lust, Filme und Serien freibestimmt zu schauen. Mein Sohn zum Beispiel guckt überhaupt kein lineares Fernsehen mehr.
Ihr habt euch zur neuen Staffel Unterstützung dazugeholt. Unter anderem sind Claudia Schmutzler und Gitta Schweighöfer in Episodenhauptrollen zu sehen. Haben sie ihre Sache gut gemacht und dürfen wiederkommen?
Marschke: Wir haben viele tolle Darsteller, die schon mehrfach in unterschiedlichen Rollen aufgetreten sind – natürlich immer mit einem gewissen Zeitpuffer. Viele Kollegen sind so über die Jahre zu treuen Begleitern geworden.
Mußul: Im Schnitt liegt dieser Puffer bei zwei, drei Jahren. Für mich war es schön zu sehen, als in meiner „Soko“-Zeit zum ersten Mal jemand wieder kam. Unsere Caster machen einen super Job, weil sie breit aufgestellt sind und auch große Namen für die Serie gewinnen, die man schon ewig kennt.
Langer: Und auch junge Schauspieler bekommen hier eine Chance. Ich durfte bei „Soko Leipzig“ früher schon mal einen Mörder spielen.
Marschke: Obwohl du Mörder warst, wurdest du zum Kommissar?
Langer: Ich habe ja inzwischen einen Bart, also merkt man das gar nicht. Für viele ist die Serie auch ein Sprungbrett und eine gute Gelegenheit, etwas auszuprobieren. Heute ist für mich faszinierend zu sehen, wenn so große, ältere Schauspieler wie zum Beispiel Uwe Kockisch bei uns mitspielen. Es ist eine riesige Ehre, ihnen zuzuschauen. Die brauchen nur einen Satz zu sagen und da steckt so viel Ausstrahlung und Haltung drin. Da fragst du dich voller Demut: Wie kann das sein?
Von euren gestandenen Kollegen Melanie und Marco könnt ihr euch sogar jeden Tag etwas abschauen …
Langer: Unbedingt, die beiden sind Maschinen (lacht).
Girnth: Ich dachte auch die ganze Zeit, dass Johannes über uns reden würde, als er die „älteren Schauspieler“ erwähnte …
Mußul: Das muss ich sofort richtigstellen: Mit älteren Leuten haben die beiden nun wirklich gar nichts gemein. Es ist einfach toll, dass wir Kollegen haben, die seit 24 Jahren dabei und so frisch sind und so viel Lust auf dieses Format haben. Melanie und Marco strahlen eine tolle Energie aus, sind immer gut vorbereitet und freundlich zu allen.
Girnth: Das geht runter wie geschnitten Brot.
Die Stars von „Soko Leipzig“: Im Camper-Van und auf dem Skateboard
Was hält euch denn so frisch?
Marschke: Das soll Marco beantworten, denn der war mal wieder im Urlaub …
Girnth: Wenn es um die Bräune geht, ja: Die habe ich mir nicht im Solarium, sondern ganz ehrlich im Urlaub in Italien erworben.
War es ein Campingurlaub? Das soll total Ihr Ding sein. Stimmt das?
Girnth: Ja, wir haben einen ganz alten Chevy Van von 1995. Mit diesem Camper fahren wir immer in Richtung Südeuropa und schauen einfach, was passiert.
Johannes: Wo steht der gerade noch mal? (lacht)
Girnth: Tatsächlich hat unser Camper den Urlaub diesmal ein bisschen verlängert – der steht nämlich immer noch in Italien. Wir haben ihn kurz hinter Modena in einer SOS-Bucht abgestellt: Nach einer halben Stunde kam der Abschleppwagen und hat den Camper in die Werkstatt gebracht. Wir bekamen ein Hotel, einen Mietwagen und irgendwann wird der Wagen sicherlich auch nachkommen.
Mußul: Dabei hast du im Vergleich zu mir schon ein Luxusmodell. Ich habe gerade einen Campingurlaub mit einem Camper von 1975 hinter mir. Ich habe jetzt richtige Armmuskeln, weil es so tricky war, mit dem Ding zu fahren. Aber das Auto hat es immerhin zurückgeschafft …
Marco, neben der Camping-Leidenschaft gelten Sie als begeisterter Skate- und Snowboarder. Dürfen Sie das überhaupt? Ist das nicht zu gefährlich?
Girnth: Ich mache das natürlich ausschließlich in der vertragslosen Zeit – und dann sehr gerne, aber inzwischen auch weniger. Ich habe mir noch nie etwas gebrochen und werde damit auch künftig nicht anfangen. Der Verstand schaltet sich mit zunehmendem Alter echt häufiger ein als früher.
Ist über die regulären Folgen der 24. Staffel in diesem Jahr hinaus noch etwas Besonderes rund um die „Soko Leipzig“ geplant?
Mußul: Ja, es wird eine 90-minütige Weihnachtsfolge geben. Auf dieses Special freuen wir uns alle schon sehr, weil wir einerseits einen guten Sendeplatz am 22. Dezember bekommen haben und andererseits an tollen Settings drehen durften – darunter natürlich ein paar Mal auf dem Weihnachtsmarkt.
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