Linzer "Freischütz" mit Penderecki- und Bach/Luther-Einlagen
Mit dem „Freischütz“ von Carl Maria von Weber hat das Landestheater Linz am Samstag die neue Opernsaison eröffnet. Vor 200 Jahren uraufgeführt, gilt das Werk als Musterbeispiel einer romantischen Oper – märchenhaft und zugleich schaurig-dämonisch. Die Inszenierung durch Intendant Hermann Schneider im Linzer Musiktheater gefiel hörbar nicht allen, während die musikalische Seite Begeisterung beim Publikum auslöste.
Im „Freischütz“, dessen Libretto auf eine Volkssage zurückgeht, ist das Lebensglück des Jägerburschen Max mit Agatha von einem Probeschuss abhängig. Weil der Meisterschütze in letzter Zeit ständig versagt, lässt er sich von Kaspar, seinem Konkurrenten, dazu verleiten, die Hilfe des Bösen in Anspruch zu nehmen.
Die Teufelsfigur des „Schwarzen Jägers“ Samiel ist in der neuen Linzer Inszenierung nicht bloß in der schaurigen Wolfsschlucht angesiedelt, sondern begleitet die gesamte Oper auf der Bühne, gleichsam als moderner Mephisto. Er ist dabei nicht nur stummer Beobachter, sondern mischt sich gesprächig ins Geschehen ein. Schauspieler Sven Mattke überzeugt großartig als dämonischer Verführer und Beobachter. Im blutrünstigen Video während der Ouvertüre wird bereits deutlich, welche Pläne Samiel mit den Protagonisten hat. Regisseur Schneider bezieht in seine Dialogfassung auch Texte von Goethe und Baudelaire ein, was freilich zu Längen führt.
Bei der optischen Gesamtgestaltung der Aufführung wechselt Falko Herold zwischen der bäuerlichen Welt des 19. Jahrhunderts mit Dirndln und Lederhosen und der Gegenwart mit ihrer coolen Glitzerwelt. Auch darüber konnte man geteilter Meinung sein. Ebenso über die musikalischen Einlagen zur Weber’schen Romantik. Diese betrafen die „mikrotonale“ Streicherkomposition „Polymorphia“ von Krzysztof Penderecki (verwendet auch in zwei früheren Horrorfilmen) und – als Kontrast dazu – Bachs und Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“.
Umsichtig, anfeuernd und mitreißend wie stets besorgte Opern- und Orchesterchef Markus Poschner die musikalische Gesamtleitung. Über ihn und das hoch motivierte Bruckner Orchester Linz entlud sich am Schluss der Jubel des Premierenpublikums. Nach dem Klangausbruch der Wolfsschlucht-Szene war er zu erwarten. Erica Eloff, seit Jahren in Linz als begeisternde Sopranistin gefeiert, setzt als Agathe stimmlich und darstellerisch ihre Erfolge fort. Gleiches kann man über Fenja Lukas als Ännchen festhalten. Als von Samiel verführtes Discogirl gelingt ihr auch eine andere Rollengestaltung, als vom Komponisten angelegt. Nicht die erwartete Leistung konnte indes Gasttenor Timothy Richards als Max erbringen. Meist auf dem großen und leeren Bühnenhintergrund agierend, wirkte seine eigentlich schöne Stimme etwas kraftlos. Keine Einschränkungen hingegen konnte man bei Michael Wagner als Kaspar vernehmen. Verlässlich in den bekannten Chören der Oper wie gewohnt der Chor und die Herren des Extrachores des Landestheaters Linz.
Intendant Hermann Schneider gedachte vor Beginn der Opernpremiere des kürzlich verstorbenen Startenors Stephen Gould. Er hatte am Landestheater Linz seine Karriere begonnen und dann hier auch die Partie des Max im „Freischütz“ gesungen. Mit dem Beifall des Publikums widmete Schneider die Premiere der Neuinszenierung dem Gedenken an den Verstorbenen.
(S E R V I C E – „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber, Text von Johann Friedrich Kind, Dialogfassung von Hermann Schneider. Musikalische Leitung: Markus Poschner, Inszenierung: Hermann Schneider, Bühne, Kostüme und Video: Falko Herold. Mit u.a. Adam Kim (Ottokar, böhmischer Fürst), Markus Raab (Cuno, fürstlicher Erbförster), Erica Eloff (Agathe, seine Tochter), Fenja Lukas (Ännchen), Michael Wagner (Caspar, erster Jägerbursche), Timothy Richards (Max, zweiter Jägerbursche), Linzer Musiktheater, nächste Vorstellungstermine am 29. September, am 2., 12., 14. und 24. Oktober sowie am 1., 12. und 21. November 2023, )
(APA)
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